Wo Jesus am Mohnzuzler nuckelt
13. Dezember 2020Nachts bei Waschbären, Eulen und Co.
20. Februar 2021Die Dudenredaktion hat das Wörterbuch kürzlich gendersensibel reformiert. 12.000 Personen- und Berufsbezeichnungen wurden dahingehend geändert, dass es ab nun statt eines Wortartikels jeweils einen für die männliche und einen für die weibliche Form gibt, also zum Beispiel »der Riese« und »die Riesin«. Ein Handwerker ist demnach nicht mehr »jemand«, der einem Handwerk nachgeht, sondern eine männliche Person, die berufsmäßig ein Handwerk ausübt, eine Handwerkerin klarerweise eine weibliche Person, die berufsmäßig ein Handwerk ausübt. Mehrere Sprachforschende kritisieren die Reform scharf, Worte wie »grotesk« und »unverantwortlich« fielen.
»Mühsam für die schreibende Branche«
Vor einigen Tagen sorgte ein Thread zu diesem Thema in einer Wiener Facebookgruppe, in der ausschließlich Frauen als Mitglieder aufgenommen werden, für rund 600 Kommentare und viele Kontroversen. Die Konversation-Starterin tat kund, dass sie sich vom neuen Duden genervt fühle und argumentierte: »In der schreibenden Branche ist es mühsam, und ich würde kein Buch mehr lesen wollen, das den gefühlt doppelten Umfang braucht, weil man alles schriftlich gendert.«
Emotionales Thema Gendern
Das war der Startschuss für eine Diskussion, die mehr als einen Tag andauerte und in der zwischen einzelnen Kommentatorinnen die Fetzen flogen. Die Frau, die den Thread eröffnet hatte, wurde etwa als »Verräterin« bezeichnet und verließ aufgrund der Angriffe angeblich sogar die Gruppe. Eine andere pflichtete ihr bei und meinte, Gendern sei für sie die absolute Zerstörung von Redefluss und Sprachmelodie. Meine Meinung dazu ist nicht ganz so Schwarz-Weiß, sondern liegt im Graubereich irgendwo dazwischen. Während ich Gendern bei Jobinseraten oder in Gesetzestexten durchaus als sinnvoll erachte, wird es schwieriger, wenn es beim Lesen nicht nur um Information, sondern auch um Genuss gehen soll. Bei einem meiner Schreibcoachings wurde ich von einer angehenden Sachbuchautorin gefragt, wie sie in ihrem Buch mit dem Thema Gendern umgehen solle. Mein Rat war folgender: »Wenn du einerseits kein Minenfeld betreten und gleichzeitig flüssig schreiben willst, verwende die männliche und die weibliche Form abwechselnd.« Beispiel: Die Autorinnen und Lektoren…. Damit umgeht man Formulierungen wie »Der Handwerker oder die Handwerkerin, der, die für seinen/ihren Nachbar oder Nachbarin arbeitet, der oder die…« und stößt trotzdem niemanden vor den Kopf.
Was eine Verlegerin über das Gendern in Sachbüchern sagt
Die Verlegerin Verena Minoggio-Weixlbaumer berichtet aus ihrem Berufsalltag: »Wir hatten böse Rezensionen sowohl bei durchgehaltenem Gendern als auch bei Sternchenschreibung oder anderem.« Der Satz, dass eh alle mitgemeint sind, sei ihrer Erfahrung nach auch keine Lösung: »Dieser Satz ist ganz unbeliebt, den streichen wir seit Langem«. Was nun? Soll man als Mitglied der schreibenden Zunft den Griffel erschöpft zur Seite legen, den Beruf wechseln und sich damit abfinden, dass man es ohnehin nicht allen recht machen kann?
Eine mögliche Lösung, mit der die meisten leben können
Verena Minoggio-Weixlbaumer verrät, wie dieses Problem in ihrem Sachbuch-Verlag (Goldegg, Anm.) gelöst wird: »Keine bösen Reaktionen bekamen wir bei abwechselnder Schreibweise. Mal heißt es demnach in den Goldegg-Büchern: »Liebe Leserinnen und Leser«, mal nur »Lieber Leser« oder nur »liebe Leserin«. Zwischendurch wird auch »Ärztinnen und Ärzte« geschrieben. »Da hat sich noch keiner beschwert und es ist gut lesbar,« so die Verlegerin. Ich fühle mich durch die Erfahrungen der Fachfrau aus der Buchbranche bestätigt und habe beschlossen, in Zukunft auf diese Art und Weise an meine Sachtexte heranzugehen.