Die traditionelle Falknerei in der Waldviertler Rosenburg
18. August 2020Ruinen im Sperrgebiet
17. September 2020In Retz kann man sich oberirdisch nicht verlaufen, nur unterirdisch. Die Gänge, die bei Führungen öffentlich zugänglich sind, werden elektrisch beleuchtet, die restlichen 95 Prozent sind in Privatbesitz und versinken wohl meist in Dunkelheit. Rund 20 Kilometer lang und bis zu 20 Meter tief ist das Labyrinth insgesamt, mancherorts auch dreigeschossig. Der historische Weinkeller der Stadtgemeinde dehnt sich wesentlich weiter aus als das oberirdische Straßennetz.
Hinterlassenschaft des Weinviertler Urmeeres
Auf den ersten Blick scheint man sich in einem Ziegelgewölbe zu befinden, doch der Eindruck täuscht. Tatsächlich sind die weitläufigen Fluchten und Gänge aus einer festen Sandschicht ohne Stützen gegraben worden und trotzen seit Jahrhunderten dem Gleichnis aus der Bibel. Retz wurde auf tertiärem Sand gebaut, einer Hinterlassenschaft des Weinviertler Urmeeres. Die Ziegel hat man viel später im 19. und 20. Jahrhundert aus Renommiergehabe aufgemauert, aus statischen Gründen wären sie nicht notwendig gewesen.
In Retz liegt der größte historische Weinkeller Österreichs
Die Temperatur beträgt konstant zwischen acht und zehn Grad, perfekt für die Lagerung von Wein. Obwohl es damals in der Stadt keine Winzer gab, liegt unter Retz der größte historische Weinkeller Österreichs. Diesen Umstand verdanken die Bewohner dem „Weinprivileg“, das sie 1458 von Kaiser Friedrich III. erhalten haben. Es besagte, dass jeder Bürger der Stadt das Recht hat, mit Wein zu handeln. Der Rebensaft wurde von Winzern aus zehn umliegenden Ortschaften geliefert, um in den Retzer Kellern zu reifen. Verkaufen durften ihn nur die Retzer Bürger, die in guten Weinjahren ständig weitere Stollen und Röhren gruben, bis nach und nach das beeindruckend weitverzweigte Labyrinth entstand. Quellen besagen, dass hier um das Jahr 1790 die gewaltige Menge von 5,5 Millionen Liter Wein untergebracht waren.